Eisenwerkmitarbeiter vor glühend-flüssigem Eisen
Langer Pfeil

Alarm! Schnelle Hilfe für´s Eisenwerk

Nur kurzer Produktionsstopp bei Focast dank unkonventioneller Lösung von HEROSE für den Kupolofen.

11. November 2018, 7.47 Uhr: Bei Bernt Ohlow aus der technischen Kundenberatung von HEROSE in Bad Oldesloe klingelt das Telefon. Am anderen Ende: der Leiter Instandsetzung beim Eisenwerk Focast in Lüneburg. Er klingt gehetzt: „In der Regelstrecke für die Sauerstoffzufuhr unseres Ofens ist ein Ventil kaputt. Die Produktion steht, wir brauchen schnellstmögliche Hilfe.“ Der Focast-Mitarbeiter weiter: „Kaum zu glauben: Nach nicht einmal zwei Stunden war das Ersatzteil bei uns. Das war echt eine starke Leistung.“

Wegen des Ventilproblems hatte ihn die Morgenschicht gegen 5 Uhr rausgeklingelt. „Wir fahren den sogenannten Kupolofen, in dem wir unseren Schrott schmelzen, immer so gegen 4 Uhr hoch. Kurze Zeit später haben die Jungs gemerkt, was los ist, und mich aus dem Bett geklingelt.“ Er musste erst einmal suchen, bis er an dem 15 Jahre alten Ventil den kaum noch lesbaren Schriftzug HEROSE fand. „Ich kannte HEROSE nicht.“ Aber es gibt ja Google. „Und dann habe ich auf gut Glück angerufen.“ Und er hatte Bernt Ohlow in der Leitung. Um das Ventil identifizieren zu können – „da war keine Nummer und nichts eingraviert,“ – fotografierte man das marode Teil mit dem Handy und schickte die Fotos per E-Mail nach Bad Oldesloe. Dann wurde noch schnell die Baugröße gemessen, das Problem geschildert – und schließlich fand man die Lösung: „Der Kegel mit Dichtfläche war kaputt“.

Mit dem Kurier nach Lüneburg

Obwohl HEROSE kein komplettes Ventil dieser Bauart auf Lager hatte, wusste man sich zu helfen. Bernt Ohlow: „Da haben wir eben das passende Oberteil eines ähnlichen Ventils per Kurier nach Lüneburg geschickt.“

Dort traf es um 8.50 Uhr ein, wurde montiert („Das waren ja nur sechs Schrauben“) – und um 10.23 Uhr lief die Produktion wieder an. Als die vc das Unternehmen Focast für diesen Bericht Anfang Februar besucht, ist man dort immer noch begeistert: „Dass man uns so unkonventionell geholfen hat, ist keine Selbstverständlichkeit. Und ganz nebenbei ist es auch ein Qualitätsbeweis, dass das Ventil so lange gearbeitet hat.“

Die Firma Focast – früher Lüneburger Eisenwerk – produzierte 2018 mit 200 Mitarbeitern 9200 Tonnen Gussteile für den Maschinenbau – Pumpen-,  Motoren- und Verdichtergehäuse sowie Maschinenbetten. Der Umsatz lag bei 24 Millionen Euro. Geschäftsführer Carsten Weißelberg: „Wir beliefern rund 150 Kunden, die zum größten Teil in Deutschland produzieren.“ Darunter sind Schwergewichte wie Gildemeister, GEA, Aerzener und Renk.

Der Rohstoff für Focast ist Schrott. Er wird in zwei sogenannten Kupolöfen bei bis zu 1600 Grad Celsius geschmolzen, anschließend wird das flüssige Eisen in die jeweiligen Formen gegossen. Es sind rund 1500 sogenannte aktive Teile und weitere 5000 Modelle im Lager. Focast in Lüneburg hat sich auf Einzelanfertigung und Kleinserien spezialisiert.

So arbeitet ein Kupolofen

Um den Ofen zu starten, wird an seinem Grund ein Holzfeuer entzündet, mit Koks bedeckt und mit Gasbrennern zum Glühen gebracht. Anschließend wird der Ofen bei brennender Glut mit mehreren Schichten aus Metall und Koks aufgefüllt und währenddessen mit Luft angeblasen.

Dabei entstehen am Grund des Ofens Temperaturen bis zu 1600° C, die das Metall zum Schmelzen bringen. Eine besondere Bedeutung hat der Kupolofen für die Gusseisenherstellung wie bei Focast. Dabei wird er mit Roheisen, Stahlschrott, Kreislaufmaterial und Maschinengussbruch beschickt. Die Einstellung des Kohlenstoffgehaltes des Gusseisens erfolgt über das Verhältnis Stahlschrott (geringer Kohlenstoffgehalt) zu Maschinengussbruch (hoher Kohlenstoffgehalt). Eine vermehrte Zugabe von Koks erhöht ebenfalls den Kohlenstoffgehalt. Ferner wird Kalk zugesetzt, um die beim Prozess entstehende saure Schlacke zu neutralisieren und besser fließbar zu halten. Auch durch Einblasen von Luft mit erhöhtem Sauerstoffgehalt lässt sich der Kohlenstoffgehalt des Gusseisens verringern. Erfunden wurde der Kupolofen übrigens 1794 von dem Engländer John Wilkinson.

Foto: Carsten Wurr

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